60
gebaut wird. Doch hat der Thüringer sà Kartoffeln, die auf
den höchsten Bergen fortkommen. Auch hat der Wald wieder manche
Frucht, die man in den Ebenen nicht findet, so zur Herbstzeit in den
Wäldern den unendlichen Reichthum von Erdbeeren, Heidelbeeren
und Preiselbeeren; das ist ein Tisch, von dem jeder kecklich zu-
langen kann, und der Wirth fordert keine andere Bezahlung, als ein
frommes: Gott sei gedankt!
Aber wem gehört denn der Wald? — Ei nun, wo nicht hier und
da ein reicher Mann ein Stückchen gekauft hat, gehört aller Wald dem
Fürsten. Der Fürst läßt die Bäume pflanzen und pflegen und sorgt
auch, daß du unangefochten durch den dichtesten Wald gehen kannst.
Darum ist's auch Diebstahl und Sünde, wenn einer im Walde Holz
haut, das ihm nicht vom Förster angewiesen ist.
415. Die Burgen.
Im und am thüringer Wald und noch weiter in der thüringischen
Ebene hin haben sonst auf manchen Bergspitzen hohe und starke Burgen
gestanden; die sahen kühn und stolz in die Gegend hinaus. Manche
solche Burg kannst du noch jetzt mit ihren Fenstern und Dächern im
Sonnenschein einer schönen Landschaft blinken sehen; aber die meisten
stehen trüb und traurig als Ruinen da; ihre glänzenden Gemächer
sind zerschlagen oder zerfallen, die Thore mit Schutt oder Gesträuch
verwahrt, die Fensterhöhlen offen, die hohen Thürme schwanken im
Winde; manche sind auch ganz von der Erde verschwunden, und die
Tannen wurzeln auf ihrem Grunde.
Auf den Burgen wohnten einst mächtige Ritter, da tönte Sang
und Klang in den hohen Sälen, in den Ställen scharrten die Rosse,
Wasser floß in den Burggräben, Thore und Zugbrücken öffneten und
schlossen sich. Ha, was für ein Leben war da! Wenn der Wärtel
auf dem Thurme ins Horn stößt! Feinde kommen! schreit es in der
Burg. Da schmetterte die Trompete, die Knappen reißen die Gäule
aus dem Stalle, auf dem Burghofe stampft's und wiehert's, die Ritter
klirren daher mit schweren Sporen und mächtigem Schwert, in Eisen
gekleidet von Kopf und Fuß. Zu Roß! ruft der Burgherr, und Ritter
und Knappen springen rasselnd in die Sättel; Schwert, Speer und Schild
blitzen im Sonnenschein, Helmbüsche und Fahnen flattern in der Luft;
die Zugbrücke sinkt, schnaubend und stampfend donnert die Schaar hin-
über, den Schloßberg hinab, dem Feinde entgegen. — Wie da die
Schwerter hauen! Speere zersplittern, Schilder springen, das Blut fließt,
die Rosse bäumen sich, und mancher Reiter sinkt in den Sand.
Und Abends, wenn die siegreiche Schaar heimkehrt mit gefangenen
Feinden, erbeuteten Rossen, wie ist da Jubel in der Burg. Abends
bei dem Mahle werden dann schaurige Geschichten erzählt von dem
Kampfe, und der Wein perlt dabei aus großen Bechern, und die Knaben
lauschen aufmerksam hinter den Sitzen der Ritter.
TM Hauptwörter (50): [T43: [König Held Sohn Mann Schwert Ritter Hand Tod Vater Feind], T5: [Haus Tag Kind Hand Herr Tisch Mann Fenster Wagen Pferd], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
TM Hauptwörter (100): [T82: [Hand Pferd Schwert Fuß Schild Kopf Waffe Lanze Ritter Mann], T77: [Baum Nacht Himmel Wald Tag Gott Kind Vogel Sonne Blume], T76: [Stadt Straße Haus Schloß Kirche Gebäude Mauer Platz Garten Dorf], T1: [König Held Herz Mann Volk Siegfried Land Lied Hand Tod], T24: [Blatt Baum Blüte Pflanze Frucht Wurzel Stengel Stamm Zweig Boden]]
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70
Das Land ist mit kleinen Städten übersäet. Die Haupt- und
Residenzstadt aber ist Stuttgart in einem nach dem Neckar zu-
gehenden Thale, welches mit Reben und Obstbäumen reich bepflanzt ist.
Ihre Einwohnerzahl ist auf 91.000 angewachsen, so daß man sie jetzt
zu den großen Städten zählen kann. Besonders bemerkenswerth für
jeden Deutschen ist das dem aus Würtemberg gebürtigen großen Dichter
Schiller errichtete Denkmal. Er allein würde sein Vaterland allent-
halben berühmt machen; darum wäre es undankbar gewesen, wenn man
sein Andenken in der Hauptstadt von Schwaben nicht geehrt hätte.
Außer Stuttgart sind noch die Universitätsstadt Tübingen und die
Festung Nlm bemerkenswerth. — Durch ein wohlgeordnetes Schul-
wesen hat die würtembergische Regierung sehr viel zur Bildung des
Volkes beigetragen, und eben Würtemberg, das Schwabenland,
ist es, welches dem deutschen Volke viele berühmte Dichter, z. B.
Schiller, Uhland, Justinus Kerner u. a. gegeben hat.
Neben der Anhänglichkeit an ihre Heimath zeichnen den schwäbischen
Volksstamm auch Anhänglichkeit und Treue gegen den Landesherrn und
gegen die Familie aus. So wird von den Frauen des Städtchens
Weinsberg folgendes berühmte Beispiel der,Treue erzählt. Als
nämlich ein deutscher Kaiser die Stadt, welche sich zu seinen Feinden
gehalten hatte, belagerte, wehrten sich die Bürger so verzweifelt, daß
er im Unwillen schwur, wenn er hineinkomme, werde er keinen, der
die Waffen geführt, verschonen. Der Hunger zwang endlich die Stadt,
sich zu ergeben, und kein Bitten und Flehen vermochte nun den Kaiser
zur Gnade zu bewegen. Nur den Weibern, beladen mit ihren besten
Schätzen, wurde freier Abzug bewilligt. Aber als sich das Thor öffnet,
was zeigt sich den mordlustigen Kriegern des Kaisers? Eine lange
Reihe der Weiber, die, mit Zurücklassung ihrer liebsten Habe, ihre
Männer, Vater und Söhne als ihre besten Schätze auf dem Rücken
trugen. Obgleich mancher aus des Kaisers Gefolge diese List nicht
gelten lassen wollte, so erklärte dieser doch, sein kaiserliches Wort
müsse gehalten werden. Die Weiber hatten den Männern das
Leben gerettet, und der Kaiser belohnte diese ihre Treue dadurch, daß
er ihnen auch alle ihre Besitzthümer ließ.
Von der Treue der Schwaben gegen den Landesherrn wird folgende
Geschichte erzählt. Als Graf Eberhard von Würtemberg in
seinem Alter in Wildbad sich erholen und die vielen Wunden, die
er in den Schlachten für sein Land empfangen, heilen wollte, wurde
er plötzlich von feindlichen Rittern dort eingeschlossen und wäre ohne
Zweifel von ihnen gefangen worden, hätte ihn nicht ein treuer Unter-
than gerettet. Ein Hirt war es; dieser eilte athemlos herbei, dem
Grafen die Botschaft von den heranziehenden Feinden zu bringen.
Aber damit begnügte sich der Mann nicht; er zeigte dem alten Herrn
zugleich einen verborgenen Pfad zur Flucht, und als dieser nicht rasch
genug den Berg hinaufsteigen konnte, nahm ihn der kräftige Schwabe
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Extrahierte Personennamen: Schiller B.
Schiller Eberhard_von_Würtemberg
202
Earl der Grosse regierte 47 Jahre, von 768 Ms 814. Sein. Sohn,
Ludwig der Fromme, folgte ihm in der Regierung (von 814 — 840). Die
Söhne Ludwigs desfrommen aber theilten das grosse fränkische Reich
durch den Vertrag zu verdün (843) in: Frankreich, Italien und Deutschland.
So wurde Deutschland ein für sich bestehendes Reich, welches Ludwig der
Deutsche erhielt. Mit der deutschen Königswürde blieb aber auch die rö-
mische Kaiserwürde verbunden. —Im Jahre 911 starb das karolingi-
sche Geschlecht in Deutschland aus, und dieses wurde ein Wahlreich.
Die deutschen Fürsten wählten nun Konrad von Franken (regierte von
911—918); alsdann folgten Könige aus dem sächsischen Geschlecht
(von 918—1024). Unter den sächsischen Königen ist besonders bemerkenswerth:
13. Heinrich I., auch Heinrich der Vogelsteller
genannt.
' (919-936.)
„Heinrich der Vogelsteller!" Ein sonderbarer Name! Wer war
dieser Vogelsteller? Ein Herzog von Sachsen war er, ein mächtiger,
frommer Herr. Darnm wählten ihn auch die Deutschen im Jahre 919
zu ihrem Könige. Die Boten, welche ihm die Nachricht von seiner
Wahl zum Könige brachten, sollen ihn bei der Stadt Quedlinburg
beim Finkenfange angetroffen haben, daher sein Beiname.
Zu seiner Zeit war das arme Deutschland ein sehr unglückliches,
trauriges Land. Von Südosten her jagten häufig auf ihren schnellen
Pferden die Hunnen oder Ungarn herein, trieben den Bauern ihr Vieh
weg und sengten und plünderten, wohin sie kamen. Und sainmelte sich
nun erst langsam ein Haufen deutscher Krieger wider sie und fing an,
sich in Marsch zu setzen, dann waren sie samnll ihren Leuten schon
lange wieder fort, weit, weit über alle Berge. — Und von Nord-
osten her kamen zu Zeiten die Wenden und machten's eben so. Das
war eine traurige Zeit. — Was that da der weise, der bedächtige
Heinrich?
Zunächst schloß er einen neunjährigen Waffenstillstand mit den ge-
fährlichen Ungarn und gelobte ihnen einen neunjährigen Tribut. Dafür
sollten sie nicht mehr nach Deutschland kommen und das Vieh wegtreiben.
Sie waren auch damit zufrieden. Und nun begann im ganzen deut-
schen Reich eine bessere Zeit, überall ein reges und thätiges Leben.
Ueberall fing man an, Häuser zu bauen und hier und da einen Haufen
derselben mit einer Mauer und mit einem Wassergraben zu umziehen.
Solch eine ummauerte Stätte nannte man Stadt oder Burg und ihre
Bewohner Bürger. Aber die Städte waren noch leichter zu bauen,
als Bewohner dafür zu finden; denn die Deutschen liebten das Wohnen
auf dem Lande und sagten: „Sollen wir uns lebendig begraben lassen?
Deine Städte sind nichts anders, als Gräber." Da befahl Heinrich,
die Leute sollten loosen, und je einer aus neunen, den das Loos treffe,
sollte vom Lande in die Stadt ziehen. Damit sie das aber um so
lieber thun möchten, gab er den Städten viele Vorrechte, so daß die
Bürger hinter ihren Mauern nach und nach viel freier wurden, als die
Bauern, welche damals ihren Edelleuten oder Klöstern als Leibeigene
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Extrahierte Personennamen: Ludwig_der_Fromme Ludwig Ludwigs Ludwig_der
Deutsche Ludwig Konrad_von_Franken_( Konrad Heinrich_I. Heinrich_I. Heinrich_der_Vogelsteller Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich
Extrahierte Ortsnamen: Frankreich Italien Deutschland Deutschland Deutschland Sachsen Quedlinburg Deutschland Ungarn Deutschland
203
dienen mußten. Nun fing auch in den Städten einer an, und machte
für alle die Kleider; ein anderer für alle die Schuhe; ein dritter Laute
Häuser für die andern; — natürlich aber das alles nicht umsonst! Mit
einem Worte,es entstanden die verschiedenen Handwerker. Vis dahin
hatte nämlich jeder sein eigener Schneider, Schuster, Maurer, also alles
Mögliche selbst sein müssen. Und das ging gerade nicht sehr gick. In
den Städten ging's nun natürlich besser. Und doch merkten es die
Städter noch immer nicht, daß sie es besser hatten. Als aber nach
neun Jahren die Ungarn wieder kamen, und die Bauern nun mit ihrem
Vieh und ihren sonstigen Habseligkeiten in die ummauerten Städte flüch-
ten konnten, wohin die Ungarn nicht einzudringen vermochten, und als
Heinrich mit Gottes Hülfe diese Räuber bei Merseburg dermaßen
besiegte, daß sie, so lange er lebte, nicht wieder kamen: da jubelte alles
dem Städtebauer zu und freute sich seines Königs. — Schon vor-
her hatte Heinrich auch die Wenden zur Ruhe gebracht. Mitten im
Winter nahte er sich ihrer Hauptstadt Brennabor (jetzt Brandenburg).
Sie zagten aber nicht, sondern dachten: Laß ihn nur kommen; durch
die weiten Sümpfe um unsere Stadt kann er gewiß nicht hindurch dringen.
Er kam aber dennoch, zwar nicht durch aber über die Sümpfe her.
Gott schickte einen harten Frost, und Heinrich marschirte auf dem Eise
gegen die feindliche Stadt und eroberte sie. Die Wenden waren be-
siegt. — König Heinrich starb 936.
14. Kaiser Otto's I. Krönung.
(936 - 973.)
Die Deutschen fühlten sich dem sächsischen Stamme dankbar ver-
pflichtet, da Heinrich I. das Reich nach innen und außen gekräftiget
hatte; daher gedachten sie auch, die Krönung seines Sohnes Otto be-
sonders feierlich zu begehen. Bei derselben erschienen die Großen und
Edlen aller Stämme deutscher Nation. In Aachen, wo der große
Frankenkönig Karl so oft und gerne weilte, in den Hallen des ehr-
würdigen Domes, den er selbst erbaute, sollte Otto zum Führer und
Haupt des deutschen Volkes geweihet werden. Die weiten Räume der
Pfalz*) waren kaum hinreichend, die hohen Gäste zu fassen. In
ihrer Mitte erschien Otto, ein Mann von königlicher Haltung, Ernst
in den Mienen, Muth in den Blicken, Kraft in den nervigen Armen,
Würde m seinem ganzen Wesen. Lautlose Stille empfing ihn; aber
die bedeutsamen Blicke, die einer dem andern zuwarf, zeigten, mit
welchem Wohlgefallen die versammelten Fürsten ihren jugendfrischen
Kaiser betrachteten. Nun stieg er die Stufen des Thrones hinan, und
— wie ein plötzlich erwachter Donner — brach der Jubelruf los: „ Es
lebe König Otto! Heil dem Sohne des großen Heinrich!"
Die Großen nahten nach der Reihe ihrer Würde und schwuren in seine
Hand, treu zu halten am Könige und Vaterland.
*) Pfalz -- Schloß, Palast, auch Rathhaus; ehemals insbesondere die Paläste der deut»
fchen Kaiser.
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Extrahierte Personennamen: Schneider Schuster Maurer Heinrich_mit_Gottes Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich Heinrich_I. Heinrich_I. Otto Karl Karl Otto Otto Ernst Muth Otto Heinrich
209
Drei hundert Jahre lang erhielt sich die deutsche Hansa auf dieser
Höhe ihrer Gewalt und ihres Ansehens. Als aber ihr Zweck erreicht,
das heißt die Sicherheit und Ausbreitung ihres Handels nach
Wunsch befördert war, trat wieder eine Stadt nach der andern von
dem Bunde ab; und so blieben am Ende nicht mehr, als die drei
Städte Hamburg, Lübeck und Bremen übrig, die auf dem letzten
Bundestage im Jahre 1630 ihren Verein erneuerten und bis auf diesen
Tag den-Namen der Hansastädte beibehalten haben.
Nach dem Aussterben des hohenstaufischen Kaisergeschlechts
(1254). war grosso Verwirrung in Deutschland. Denn von 1254 bis 1273
hatte Deutschland so gut als gar kein Oberhaupt, und deshalb hat man
diese Zeit das Interregnum oder das Zwischenreich genannt. Mord
wurde auf offener Strasse verübt; vorüberziehende Wanderer wurden beraubt;
blühende Dörfer und Städte eingeäschert, und kein Richter war zu finden,
der solchem Gräuel gewehrt hätte. Ein jeder suchte sich selbst zu helfen,
und die Rache war oft weit schrecklicher, als das verübte Verbrechen.
Diese böse Zeit, in der nicht das Recht, sondern die Gewalt — die
stärkste Faust — obsiegte, nennt man auch die Zeit des Fanstrechts. Solchem
Zustande wünschten die deutschen Fürsten ein Ende gesetzt. In dem
schweizerischen Grafen Rudolph Voil Habsburg, glaubte man den Mann
zu erkennen, den das Reich bedürfe, und man irrte sich nicht, als man ihn
zum deutschen Kaiser wählte; denn er war es, der durch seine Strenge
gegen die Raubritter Gesetz und Ordnung wieder herstellte und das Faust-
recht beschränkte.
19. Rudolph von Habsburg.
(1273-1291.)
Die kaiserlose Zeit war eine schreckliche Zeit gewesen für das
deutsche Reich. Da versammelten sich die deutschen Fürsten zur Kaiser-
wahl. Der Erzbischof Werner, von Mainz brachte den schweizeri-
schen Grafen Rudolph von Habsburg in Vorschlag, den er auf
einer Reise nach Rom kennen gelernt hatte. Rudolph bot ihm damals
freundlich Schutz und Begleitung durch die Schweiz an, und Werner
sprach beim Abschiede die Worte: „Edler Graf, könnte ich späterhin
den mir erwiesenen Dienst durch die That vergelten!" Jetzt war die
gelegene Zeit. —
Ein andermal war Rudolph auf die Jagd gegangen. Im Walde
begegnete er einem Priester, welcher zu einem Kranken wollte, um
ihm das heilige Abendmahl zu reichen. Der angeschwollene Bach
hatte aber den Steg weggerissen, und eben wollte der Priester das
Wasser durchwaten; da stieg Rudolph von seinem Pferde und half
dem Priester hinauf. Als dieser andern Tags dem Grafen das Pferd
zurückbrachte, schenkte es ihm Rudolph mit den Worten: „Verhüte
Gott, daß ich ferner das Pferd zum Jagen benutzen sollte, welches zu
so heiligem Dienste gebraucht worden ist; behalte es für dich zu ähn-
lichen Diensten!"
Dieser fromme und tapfere Graf wurde nun fast einstimmig er-
wählt, und herrlich hat er das in ihn gesetzte Vertrauen gerechtfertigt.
Haesters' Lesebuch für Oberkl. Simultan-Ausg. j
TM Hauptwörter (50): [T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T46: [Heinrich König Otto Kaiser Sohn Herzog Karl Ludwig Sachsen Jahr], T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger]]
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Extrahierte Personennamen: Rudolph_Voil_Habsburg Rudolph_von_Habsburg Werner Rudolph_von_Habsburg Rudolph Werner Rudolph Rudolph Rudolph
Extrahierte Ortsnamen: Hamburg Bremen Deutschland Deutschland Mainz Rom
302
Trümmern; selbst die festeren Bauwerke prachtvoller Kirchen brachen
zusammen und wurden der Betenden Grab. Ganze Straßenreihen
waren niedergeworfen; Paläste und Kirchen lagen in Schutt, und von
den eingebrochenen Gebäuden stürzten unaufhörlich Mauersteine und
Balken nach, so daß viele Menschen, welche der ersten Verwüstung ent-
gangen waren, erschlagen oder verstümmelt wurden. Auf den freien
Plätzen sammelten sich die, welche der ersten Gefahr entronnen waren.
Da sah man Menschen aller Stände und jeden Alters zusammengedrängt,
alle von gleicher Angst erfüllt; auf den Knieen liegend, die Hände zum
Himmel emporgereckt, flehten sie Gott um Schutz und Rettung an, oder
schlugen an ihre Brust und riefen: Herr, erbarme dich unser!
Nicht lange währte es, so erfolgte ein zweiter Stoß des Erdbebens
und warf, was von Kirchen, Palästen und Häusern noch nicht eingestürzt
war, gänzlich nieder. In das Krachen der zusammenbrechenden Ge-
bäude mischte sich das Wehgeschrei des Volkes, daß es weithin gehört
wurde. Noch lauter aber erscholl es, als nach wenigen Sekunden das
Wasser des Flusses sich hoch, wie ein Gebirge, emporbäumte und gegen
die Stadt heranwälzte. „Das Meer, das Meer! Wir sind des Todes!"
riefen viele Tausende und flohen den Straßen zu, in welchen ihnen
durch niederfallendes Gemäuer ein anderer Tod drohte. Wild brauste
das Wasser in die Stadt; die an dem Ufer ankernden Schiffe wurden
losgerissen und mehrere von dem Strudel verschlungen. Viele Menschen
fanden hier ihren Tod. Diese fürchterliche Erscheinung erneuerte sich
bald darauf mit dem dritten Erdstoße auf dieselbe Weise, und wieder-
holte sich bei jedem folgenden. Zu diesem Schrecken der Natur gesellte
sich das Feuer, welches aus dem Schutte der eingestürzten Häuser an
allen Enden ausbrach und das verzehrte, was das Erdbeben und das
Wasser verschont hatte. Was nicht erschlagen war, oder mit dem Tode
rang, floh jetzt aus der Stadt. Auf den Feldern umher lagerten die
unglücklichen Bewohner Lissabons zu Tausenden ohne Obdach, ohne
Nahrung und zum Theil ohne Kleidung, einem fast ununterbrochenen
Regen ausgesetzt. Denn die benachbarten Städte und Dörfer, in wel-
chen sie Zuflucht hätten finden können, hatten selbst durch die Ver-
heerungen des Erdbebens gelitten. — Unsäglich war das Elend, das
über die Stadt Lissabon gekommen war; 16,000 Gebäude lagen dar-
nieder, unter ihnen das königliche Schloß, alle Haupt- und Pfarrkirchen,
die Klöster, die Krankenhäuser und fast alle öffentlichen Gebäude; nur
wenige waren verschont geblieben. Lissabon war ein Schutthaufen, unter
welchem das Glück von 200,000 Bewohnern und die Leichname von
40,000 Erschlagenen begraben lagen.
■Wiederholungsfrageiii —
Zeichnen und Beschreiben! —
9* Die Schweiz oder Helvetien.
Auf, lasset uns heute im Geiste einmal in die schöne, romantische
Schweiz wandern! — — Mir ist, als erblickte ich wirklich schon in
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T37: [Gott Mensch Herr Herz Leben Wort Welt Himmel Tag Hand], T7: [Erde Luft Sonne Wasser Himmel Berg Tag Licht Wolke Nacht]]
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61
Nicht wahr, da hättest du auch zuhören mögen? und du meinst,
oie Ritterzeit müsse doch recht schön gewesen sein? — Ja, ich weiß
aber auch schlimme Geschichten; solche — erzählen die Blutnelken.
46. Blutnelken am Falkenstein.
In der Gegend von Tambach, auf dem hohen Felsen Falken-
stein, hat ehedem auch eine Burg gestanden. Der Burgherr aber war
wie viele damals, ein Raubritter, der die armen Bürger und
Bauern umher plagte und plünderte, und der da erntete, wo er nich^
gesäet hatte. Wenn Reisende durch den Thalgrund zogen, überfiel er
sie, führte sie mit sich auf seine Burg, und wer nicht reiches Löse-
geld zahlte, den ließ der Ritter vor der Burg ermorden, also, daß
das Blut den Felsen hinabfloß.
Da thaten sich endlich die Nachbarn zusammen, erstiegen in bluti-
gem Kampfe die Burg und stürzten den Burgherrn den thurmhohen
Felsenabhang hinab, daß er zerschmetterte. Die stolze Burg wurde
zerstört, und ist seitdem vollends zerstäubt und verschwunden.
Das Blut der Ermordeten aber wird noch jetzt am Berge gezeigt;
weit herum ist da der Boden geröthet von zahllosen Blutnelken,
die sind, sagen die Leute, aus dem Blute entsprossen, das der Raub-
ritter dort vergossen hat. ^So lebt die blutige That fort im Gedächt-
niß, aber das Werk des Übelthäters wird von der Erde vertilgt.
Solcher Blutnelken mögen auch noch an anderen Burgen stehen.
Wiederholungsfragen! —
Beschreiben! —
L7. Das Herzogthum Anhalt, die zwei Fürsten-
thümer Lippe und das Fürstenthum Waldeck.
(13.-18.)
Das Herzogthum Anhalt liegt zu beiden Seiten der Elbe, von
den preußischen Provinzen Sachsen und Brandenburg eingeschlossen.
Es enthält nur 43 Ouadratmeilen mit 203,000 meist evangelischen
Bewohnern. Der größte Theil desselben besteht aus Flachland;
nur im Westen wird es vom Harze durchzogen, der hier Silber,
Kupfer und andere werthvolle Mineralien liefert. Die Haupt- und
Residenzstadt ist Dessau, mit 17,000 Einwohnern. In dem herzogt.
Schloß befindet sich der Degen und Stock „des alten Dessauers",
des berühmten preußischen Feldmarschals Leopold von Dessau.
Die zwei Fürstenthümer Lippe findet ihr hier an der Weser,
von den preußischen Provinzen Westphalen und Hannover einge-
schlossen. Das hier auf dem linken Ufer der Weser gelegene ist das
Fürstenthum Lippe-Detmold mit der Residenzstadt Detmold.
Weiter nördlich, aus dem rechten Weserufer, liegt das Fürstenthum
Lippe-Schaumburg mit der Residenzstadt Bückeburg. Diese
TM Hauptwörter (50): [T36: [Stadt Mauer Tag Dorf Haus Burg Land Bauer Feind Bürger], T13: [Stadt Elbe Hamburg Berlin Provinz Bremen Land Lübeck Hannover Weser], T35: [Preußen Königreich Bayern Sachsen Staat Hannover Baden König Provinz Land]]
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TM Hauptwörter (200): [T142: [Stadt Dorf Mauer Haus Burg Straße Kirche Schloß Graben Zeit], T174: [Preußen Sachsen Hannover Holstein Provinz Königreich Staat Oldenburg Braunschweig Dänemark], T81: [Herz Himmel Gott Welt Lied Leben Auge Erde Land Nacht], T130: [Elbe Stadt Sachsen Provinz Saale Kreis Schlesien Elster Neiße Magdeburg], T112: [Schwert Ritter Schild Waffe Lanze Pferd Speer Hand Helm Pfeil]]
Extrahierte Personennamen: Leopold_von_Dessau Leopold
2. Die Nachbaraemeinden — die Wege und
Landstraßen.*)
Wenn wir von unserem Wohnorte hinausgehen, so kommen wir in
jeder Himmelsrichtung endlich an eine Linie, wo unsere Gemeinde auf-
hört, und eine andere Gemeinde anfängt. Diese Linie auf der Erde,
wo zwei Gemeinden an einander stoßen, bildet die Grenze zwischen
denselben. Denn so wie ein Garten an den andern oder ein Stück
Ackerland an das andere grenzt, so grenzt auch eine Gemeinde an die
andere. Wenn wir ein paar Stunden weit von hier gehen, so können
wir schon einige Nachbarorte oder Nachbargemeinden erreichen.
In welchem Nachbarorte seid ihr schon gewesen? — Die Nachbarorte
liegen nicht alle in derselben Richtung von unserm Wohnorte, sondern nach
dem einen geht man hier hinaus, und nach dem andern dort hinaus. —
Von einem Orte zum andern führen Wege. Sie sind entweder
Fußwege oder Fahrwege. Die breiten Fahrwege, welche schön ge-
ebnet, fest und an beiden Seiten mit einem Graben versehen sind, heißen
Landstraßen oder Chausseen (spr. Schossten). Einige Orte liegen
nahe zusammen, andere weit von einander entfernt. Die Entfernung
eines Ortes von dem andern wird nach der Zeit berechnet, die ein
mäßig schreitender Mensch gebraucht, um den Weg von dem einen Orte
nach dem andern zurückzulegen. Diese Entfernung wird in Minuten
und Stunden, gewöhnlich aber in Minuten und Meilen ausgedrückt.
Eine solche Meile hat 100 Minuten und wird eine Postmeile genannt.
An einer Seite der Landstraßen sieht man steinerne, mit Zahlen beschrie-
bene Pfähle, welche 1 Minute weit von einander entfernt stehen und
daher Minutenpfähle heißen. Wer's versteht, kann nach den darauf
stehenden Zahlen berechnen, wie viele Minuten oder Meilen die Ent-
fernung eines Ortes von dem andern beträgt. Da, wo zwei oder meh-
rere Wege auseinandergehen, steht gewöhnlich ein Handzeiger oder
Wegweiser, worauf man lesen kann, wohin jeder Weg führt, und wie
weit man noch von dem nächsten Orte entfernt ist.
Auf den Landstraßen sieht man viele Fußgänger, Karren und Wagen.
Hier rasselt ein Postwagen an uns vorüber, mit 2, 3 oder 4 Pferden
bespannt und einem Postillon (spr. Postilljong) auf dem Bocke. Dort
kommt ein großer Güterwagen mit breiten Rädern; er ist mit einem
weißen Leintuche überzogen. Vier und oft noch mehr Pferde können ihn
nur langsam von der Stelle ziehen, so schwer ist er mit Waaren be-
laden. Das Dröhnen eines solchen Wagens, das Geklingel der Schel-
len an den Pferden und das Klatschen der Fuhrleute mit ihren Peitschen
kann man oft schon in der Ferne hören. Besonders lebhaft ist es aber
auf den Landstraßen, wenn in einem benachbarten Orte Wochen- oder
Jahrmarkt gehalten wird. Da sieht man Fußgänger, die einen Trag-
korb auf dem Rücken haben oder einen Schiebkarren vor sich herdrücken,
*0 Ehe Nr. 2 gelesen wird, müssen die Lage der Nachdargemeinden vom Wohnorte aus, und
deren Lage zu einander durch Punkte, so wie die Grenzen der Gemeinde und die vom Wohnorte
nach den Nachbarorten rührenden Hauptwege durch Linien auf der Schultafel veranichav-
licht werden.
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dieser dir Schweden aufgehetzt, in die Marken des Kurfürsten zu
fallen. Alle Greuel des 30 jährigen Krieges wurden von diesen er-
neuert. Rasch eilte daher der Kurfürst vom Rhein zur Rettung herbei.
Nachdem der tapfere Derslinger — der aus einem Schneiderburschen
ein General geworden war — bei Rathenow an der Havel
die Schweden überrascht und einen großen Theil derselben niederge-
hauen hatte, kam es am 28. Juni 1675 bei Fehrbellin zur Schlacht.
Es entspann sich ein heftiges Gefecht. Die Kugeln der Schweden
schlugen dicht um den Kurfürsten her: man zielte auf seinen Schimmel.
Da bat ihn sein Stallmeister Emannel Froben, unter dem Vor-
geben, der Schimmel sei scheu, das Pferd mit ihm zu wechseln. Kaum
war's geschehen, da sank der treue Diener, von einer Kugel getroffen,
todt herab. Die Schweden drangen wüthend auf die Brandenburger
ein. Tapfer wehrten sich diese. „Muth" — rief der Kurfürst, indem
er sich an die Spitze eines Truppenteils stellte, der seinen Haupt-
mann verloren hatte — „Muth, ich, euer Fürst, bin nun euer
Hauptmann und will siegen oder ritterlich mit euch sterben."
Nach zweistündigem Kampf waren die Schweden geschlagen. — Es
war eine denkwürdige Schlacht, die erste, welche die Brandenburger
allein und über einen Feind gewannen, der sich für unbesiegbar hielt.
3v. Frobens Aufopferung.
(28. Juni 1675 Bei Fehrbellin.)
Herr Kurfürst Friedrich Wilhelm, der große Kriegesheld,
Seht, wie er auf dem Schimmel vor den Geschützen hält;
Das war ein rasches Reiten vom Rhein bis an den Rhin,
Das war ein heißes Streiten am Tag von Fehrbellin.
Wollt ihr, ihr trotz'gen Schweden, noch mehr vom deutschen Land?
Was tragt ihr in die Marken den wüth'gen Kriegesbrand?
Herr Ludwig von der Seine, der hat euch aufgehetzt,
Daß Deutschland von der Peene zum Elsaß werd' zerfetzt.
Doch nein, Graf Gustav Wrangel, hier steh' nun einmal still;
Dort kommt Herr Friedrich Wilhelm, der mit dir reden will.
Gesellschaft aller Arten bringt er im raschen Ritt
Sammt Fahnen und Standarten zur Unterhaltung mit.
Nun seht ihn auf dem Schimmel, ein Kriegsgott ist er traun;
Den Boden dort zum Tanze will er genau beschau'n.
Und unter seinen Treuen, da reitet hintenan
Zuletzt, doch nicht aus Scheuen, Stallmeister Froben an.
Und wie Herr Wrangel drüben den Schimmel nun erblickt,
Rust er den Kanonieren: „Ihr Kinder, zielt geschickt!
Der aus dem Schimmel sitzet, der große Kurfürst iffs.
Nun donnert und nun blitzet, aus wen's geschieht, ihr wißt'sl"
Die donnern und die blitzen und zielen wohl nichts Schlecht's,
Und um den Herren fallen die Seinen links und rechts;
Dem Derslinger, dem Alten, fast wird es ihm zu warm,
Er ist kein Freund vom Halten mit dein Gewehr im Arni.
Und dicht und immer dichter schlägt in die Heeresreih'n
Dort in des Schimmels Nähe der Kugelregen ein.
-Um Gott, Herr Kurfürst, weichet!" Der Kurfürst hört es nicht,
Es schaut sein Blick, der gleiche, dem Feind ins Angesicht.
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Extrahierte Personennamen: Emannel Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm Ludwig Ludwig Gustav_Wrangel Gustav Friedrich_Wilhelm Friedrich Wilhelm
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Der Schimmel möcht' es ahnen, wem dieses Feuer gill,
Er steigt und schäumt im Zügel, er hebt sich scheu und wild.
Die Herren alle bangen, doch keiner sagt's ihm an;
Wär' doch nicht rückwärts gangen der sürstlich-große Mann.
Und doch, der Tod ist nahe und mäht um ihn herum.
Und alles zagt und trauert, und alles bleibet stumm.
Die Scheibe ist der Schimmel, das merket jeder nun;
Doch helfen mag der Himmel, von uns kann's keiner thun!
Da reitet vor dem Fürsten Emanuel Froben her:
„Herr Kurfürst, euer Schimmel, er scheut sich vor'm Gewehr;
Das Thier zeigt seine Launen, ihr bringt's nicht ins Gefecht,
So nehmt nun meinen Braunen, ich reit's indeß zurecht."
Der Herr schaut ihm herüber: „Es ist mein Lieblingsroß.
Doch das verstehst du besser, so reit' es nur zum Troß."
Sie wechseln still, dann sprenget rasch, ohne Gruß und
Den Zügel lang verhänget, der edle Froben fort.
Und weit von seinem Herren hält er zu Rosse nun,
Für wenig Augenblicke scheint das Geschütz zu ruhn;
Der Kurfürst selber sinnet; warum es jetzt verstummt,
Und: „wacker war's gemeinet", der alte Derfling brummt.
Da plötzlich donnert's wieder gewaltig über's Feld,
Doch nur nach einem Punkte ward das Geschütz gestellt;
Hoch auf der Schimmel setzet, Herr Froben sinkt zum Sand,
Und Roß und Reiter netzet mit seinem Blut das Land.
Die Ritter alle schauen gar ernst und treu hinein.
O Froben dort am Boden, wie glänzt dein Ruhmesschein!
Der Kurfürst ruft nur leise — „Ha! war das so gemeint?"
Und dann nach Feldherrnweise: „Nun vorwärts, in den Feindia
(I. Mind iar..
31 Der Derflirrger.
(Geb. 1606, gest. 1695.)
Der Derflinger war ein Schneidergesell';
Doch nimmer ließ es ihn ruh'n,
Er dacht' an andres als Nadel und Ell'. —
„Was aber, was soll ich thun?"
Da kam er beim Wandern die Kreuz und Ouer
Zum Fährmann bei Tang er münd';
Hinüber wollt' er, sein Beutel war leer —
Lump zahle, sonst pack' dich geschwind!
Ihr nehmt doch dort die Kerle mit,
Es bezahlt euch ja keiner nicht.
Das sind auch keine Schneiderböck nit,
Sind Kriegsleut'; Respekt drum, du Wicht!
Die Lippen biß er, verhöhnt blieb er steh'n
Und fluchte grimmig für sich:
Ihr Schufte, das soll mir nicht zweimal gescheh'n
Ich zeig's, was sich schicket für mich.
Da wird er ein rascher Reitersmann,
Zum Teufel warf er die Ell',
Dafür packt er 'neu Degen an,
Den schwang er gewichtig und schnell
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